Über das Landschafts-Sujet lassen sich Gefühle und Stimmungen beim Betrachter auslösen, die ihm schnell einen emotionalen Zugang ermöglichen. Auf den ersten Blick gleichen die Computer-Simulationen Fotos von realen Räumen, realen Landschaften. Der Grad an Realismus ist jedoch minimal gehalten, gerade genug, den Betrachter zu verführen. Paradiesische Szenen locken in unwegsame Dickichte oder bodenlose Sümpfe, in kahle, nicht enden wollende Wüsten. Die Naturschönheit ist ein Trugbild und die Illusion zerbricht an grausamer Unwirtlichkeit. Ausgangspunkt ist nicht eine reale, gesehene Landschaft, sondern die kalkulierte Konstruktion einer archetypischen Raum-Situation. Diese kann wieder an gesehene Landschaften erinnern, ist aber von Grund auf erfunden und nähert sich der Wirklichkeit von der Abstraktion her. Mit Bergen, Wasser, Wolken, Pflanzen, Licht und Dunst wird eine Näherung erzeugt und Erinnerungen ausgelöst an Naturerlebnisse und Lebenssituationen. Die Bilder sind weniger Naturdarstellungen als Sinnbilder im Sinne der Romantik.

 

Die Themen

 

 

Das Ende der Welt:

 

Es ist dies die uns angeborene Vorstellung von der Endlichkeit, die Vorstellung von einem Ort, an dem die Welt zu Ende ist und die Zeit stillsteht. Auf jeder Insel gibt es einen Küstenstreifen, im Nordwesten oft, wo das Meer aussieht, als gäbe es kein Land dahinter, wo die Sonne nicht mehr wärmt, die Erde unfruchtbar und abweisend ist. Alles Paradies liegt im Rücken. Trotzdem geht ein Sog aus von dieser Unwirtlichkeit. Ein Sog wie beim Blick in die Tiefe von einem Turm, einer Klippe.

Das letzte Stück Weg:

Ein Hindernis versperrt die Sicht. Doch scheint es einen Weg zu geben, einen Paß. Ein verheißungsvolles Leuchten lockt. Nicht mehr weit, eine letzte Biegung, laufen, schnell und außer Atem.

 

Die Höhle:


Ein Raum wie ein Schlund, sich weitend und verengend. Ein pränatales Trauma?

 

 

Das Ertrinken:


Die Woge, die auf den Schwimmer zukommt. Ein letzter Blick auf die Schönheit des Lichts, die blitzenden Reflexe, die Klarheit des Wassers, seine kühle Macht.

 

 

Das Paradies:


Dies ist die Metapher für das Ziel, das über allem steht, worüber man sich am Ende seines Lebens Rechenschaft gibt. Das Ziel, das uns leitet und unseren Entscheidungen die Richtung weist. Das Bild des Paradieses gibt die Stimmung vor, das instinktive Gefühl für die Richtung, und die Sehnsucht nach dem Einssein mit der Welt.

 

 

Die Cities

 

sind 3D Strukturen, die aus zufälligen Farbmustern aufgebaut sind. Farbmuster, die solange gefiltert sind, bis sie Grundrissen von organisch gewachsenen Städten gleichen. Innerhalb dieser kubischen Strukturen wandere ich umher und halte Ansichten aus verschiedenen Winkeln fest. Ansichten, die mich so deutlich wie möglich an tatsächlich erlebte „Natur“ erinnern. „Natur“ im Sinne von gewachsenen städtischen Umgebungen. Bereinigt von unnötigen Einzelheiten und reduziert auf ein einfaches kubisches Modell, tragen sie immer noch alle Empfindungen, die man angesichts real existierender Städte erlebt.

 

 

Das Versteck:

 

Dichtes Gebüsch verbirgt mich vor Blicken wie eine Jalousie. Die Geborgenheit ist trügerisch, denn ich habe selbst den Überblick verloren. Ich bin verstrickt in einer Welt voller Hindernisse und komme nicht voran. In einer so unübersichtlichen Umgebung können überall Gefahren lauern. Das einfallende Licht allein kündet von einer Welt außerhalb des Dschungels, der mich gefangen hält. Wie wird sie sein, diese Welt? Werde ich sie jemals erreichen?

 

 

Die Lichtung:

 

Ich stehe an einem Waldrand und blicke auf eine leere, weite Ebene. Ganz in der Ferne verschwimmt der Horizont im Dunst. Zu meinen Füßen letztes Gestrüpp, ein paar Blätter. Verstreute Bäume spenden noch etwas Schatten. Der eigentliche Wald mit seinem Dickicht liegt in meinem Rücken, ist schon Vergangenheit. Mein Weg hat mich bis zu diesem Ausblick geführt. Ich bin befreit, doch gleichermaßen stehe ich ungeschützt vor einer schönen, aber unbarmherzigen Wüste. Sie erinnert mich vage an etwas, etwas, das ich vergessen habe. Dies könnte das Ende der Welt sein. Am Ende von Vielfalt, Wachstum und Leben beginnt eine unendliche Wüste, eine kosmische Weite, deren Schönheit mich traurig macht.  Ich stehe an einer Grenze, einem entscheidenden Einschnitt.

Gerhard Mantz, Berlin 1998 und New York 2004